Max mustermann zeile 1 Max mustermann zeile 2 Werner Kimmig GmbH©  

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Fernsehen vom Feinsten


20. OKTOBER 2006, 20.15 UHR – ARD

Von Horst Lietzberg

Deutscher Fernsehpreis 2006 im Kölner Coloneum. Eine ARD-Sendung, bei der man sich nahe dran, manchmal sogar mittendrin fühlte. Durchweg kurzweilige Würdigungen, kaum langatmige Danksagungen. Es ging alles – in einer zeitversetzten Live-Übertragung über 155 Minuten – ruckzuck. Die Produktion, zum achten Mal in der Hand der Werner Kimmig GmbH, hatte den Ablauf fest im Griff. Nicht zuletzt dank eines einfallsreichen, guten Drehbuchs, einer lockeren Moderation durch Jörg Pilawa und einer gelungenen Auswahl hervorragender Laudatoren. So gab es keine ermüdenden Strecken, auch wenn eine Preisverleihung in dieser Dimension immer einem vorgegebenen Procedere unterworfen ist.
Schon das Opening ließ Gutes erwarten. Die WDR-Big-Band brachte mit Glenn Millers „Chattanooga Choo Choo“ Schwung in die Veranstaltung der deutschen TV-Elite. Jörg Pilawa rock'n'rollte mit dem MDR Deutsches Fernsehballett, und viele der Gäste in kleinen und großen (mitunter recht pittoresken) Roben schien das Tanzbein zu jucken. Gute Stimmung also und ebenso erwartungsvolle Spannung. Denn beim Deutschen Fernsehpreis geht es ja zu wie beim Oscar, wo die Nominierten auch nicht wissen, wer nun den Preis gewonnen hat – bis schließlich das Kuvert geöffnet wird.
Die Jury war, wie immer, nicht zu beneiden. Rund 1000 Beiträge hat sie sich ansehen müssen. Offenbar hatte sie in den allermeisten Fällen das richtige Feeling. Denn die meisten Sieger wurden mit viel Applaus bedacht. So vor allem Dagmar Manzel (Beste Schauspielerin in Als der Fremde kam, ARD) und Jan Fedder (Bester Schauspieler in Der Mann im Strom, ARD). Er ließ es sich nicht nehmen, ein ­eigenes Gedicht vorzutragen. Es endete Fedder-like: „Und die Moral von der Geschicht’: Mach’ mal vier Wochen lang ein anderes Gesicht. Und dann Alter, das ist kein Scheiß, kriegst Du dafür den Fernsehpreis.“
Besonders gefeiert wurden auch Bastian Pastewka (Beste Sitcom, Sat.1) und Anne Will von den Tagesthemen (Beste Moderation einer Informationssendung). Allerdings mochte sich Konkurrentin Susanne Kronzucker darüber wohl nicht recht freuen, was ihrem enttäuschten Gesicht deutlich anzumerken war. Laudator Ulrich Wickert indes ließ es sich nicht nehmen, seiner früheren Kollegin Anne Will herzlich zu gratulieren und ihr zuzurufen, sie habe zuerst alle Männer aus dem Feld geschlagen und nun auch noch die starken Frauen.
Überhaupt fand Wickert, der als Tagesthemen-Moderator drei Bundeskanzler und 70 Minister »überlebte« und 2445 Mal »Guten Abend und eine geruhsame Nacht« wünschte, eine große Resonanz. Er durfte den Sieger unter den besten Fernsehfilmen (Mehrteiler) verkünden und machte das mit viel Charme.
Großartig auch der Auftritt von Ha­rald Schmidt. In seiner Laudatio über die beste Regie und auch über das beste Buch zog er komödiantisch vom Leder. Alle amüsierten sich, und es war eine reine Freude, ihm zuzuhören. Zum Beispiel, als er den Mainzer Fußballtrainer Jürgen Klopp imitierte. Schmidt selbst war auch zufrieden: „Für mich war es eine der schönsten Fernsehpreisverleihungen bisher, auch wenn ich in Reihe 2 sitzen muss­te“.
Der sehr witzigen Cordula Stratmann war die beste Unterhaltungssendung anvertraut. Hier holten sich Günther Jauch und Hape Kerkeling mit ihrem Prominenten-Special in Wer wird Millionär? auf RTL den Preis. Immerhin vor dem Scheibenwischer von der ARD und Let’s Dance von RTL. Bei der besten Sportsendung hatte schließlich die Fußball-WM im ZDF mit Jürgen Klopp, Urs Meier und Johannes B. Kerner die Nase vorn. Sie und andere Sportreporter sangen dann auch lautstark den Song der WM mit, den die Sportfreunde Stiller intonierten.
Überragend jedoch die Laudatio des Bundespräsidenten Horst Köhler auf Oldtimer Friedrich Nowottny (77), den großen Journalisten und früheren Intendanten des WDR. Er bekam den Ehrenpreis der Stifter für sein Lebenswerk. Launig, souverän und niveauvoll skizzierte Köhler die Karriere dieses großen Fernsehmannes. Er sei ein Meister der beiläufigen Zuspitzung. Mit ihm habe Kompetenz den Bildschirm erobert. Mit seinem Bericht aus Bonn sei er an jedem Freitag Gast in deutschen Wohnzimmern gewesen. Und für ihn habe immer das Prinzip gegolten: „Nur mit Qualität kann das Fernsehen überleben“.
Standing Ovations dann für Friedrich Nowottny selbst. Er dankte allen, die ihm in seiner großen Karriere eine Chance gegeben hatten. Besonders aber seiner Familie, die ihn getragen und ertragen habe. Denn sein Job habe ihm wenig Zeit gelassen, zu Hause zu sein und die Kinder zu streicheln.
Mit dieser hochverdienten Ehrung für die Lebensleistung eines der angesehensten und glaubwürdigsten Stars des deutschen Fernsehens endete die Verleihungszeremonie, auf der viele tiefe Ausschnitte und rückenfreie Designer-Roben miteinander wetteiferten, während beim männlichen Geschlecht das offene Hemd dominierte. Nun dürfen wir alle auf die Bambi-Verleihung am 30. November gespannt sein, wenn Harald Schmidt gemeinsam mit Eva Padberg die ARD-Zuschauer aus dem Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart begrüßt.

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